„Junge Menschen entscheiden sich mit größerer Wahrscheinlichkeit nach dem Ende ihres Studiums für eine Tätigkeit in der regionalen medizinischen Versorgung, wenn sie bereits bei ihren ersten Praktika positive Erfahrungen in den Lehrpraxen auf dem Land machen konnten. Hier wollen wir in Zusammenarbeit mit den Medizinischen Fakultäten ansetzen“, sagte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer am Montag (8. März) in Stuttgart anlässlich der Vorstellung des Berichts der Arbeitsgruppe „Regionen für ärztliche Ausbildung“ der Landesregierung.
Ziel der AG war es, die vielfältigen Teilaspekte der Bereiche Allgemeinmedizin und der ländlichen Versorgung zu vernetzen und die vorgelegten Konzepte auf eine inhaltlich möglichst breite Basis zu stellen. Oft gehe es darum, die richtigen Ansprechpartner vor Ort miteinander zu vernetzen und konkrete Hürden in der praktischen Durchführung abzubauen. „Das kann die Unterstützung bei der Wohnungssuche während eines allgemeinmedizinischen Blockpraktikums in einer ländlichen Region bedeuten oder auch die stärkere Unterstützung von Lehrpraxen beim Mentoring der Studierenden“, so Ministerin Bauer.
Konkret legt der Bericht eine Reihe von Maßnahmen vor, von denen hier einige exemplarisch aufgezählt werden können:
- Stärkere Nutzung von Telemedizin in ländlichen Gebieten fördern
- Ressourcen der Medizinischen Fakultäten nutzen und gegenseitigen Datenzugang ermöglichen, Wissensaustausch und –transfer zwischen Universitätsklinika und den Akteuren in der Region etablieren.
- Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern
- Digitale Kompetenzen im Studium stärken und Chancen der Digitalisierung für die Lehre nutzen
- Stärkung der interprofessionellen Zusammenarbeit im Studium und in der Ausbildung
- Verbindung zwischen kommunalen Akteuren und Medizinischen Fakultäten stärken: Kommunale Gesundheitskonferenzen einbinden und gegenseitige Interaktion fördern
Bereits zum Wintersemester 2020/21 hat Baden-Württemberg das neue Neigungsprofil „Landarzt-Track“ im Medizinstudium eingeführt. „Das Neigungsprofil bietet Studierenden die Möglichkeit, bereits im Studium die vielfältigen Aspekte der Allgemeinmedizin kennenzulernen und sich optimal für eine spätere Tätigkeit auf dem Land zu qualifizieren. Die Studierenden können in jedem Semester spezielle, inhaltlich aufeinander abgestimmte Ausbildungsmodule wählen“, so Bauer. Der Einstieg ist in jeder Phase des Studiums möglich – vom „Landarzt-Track“ und der Stärkung der Allgemeinmedizin im Studium profitieren damit alle Medizinstudierenden. In den Kursen werden sie auch mit regionalen Akteuren wie etwa Hausärztinnen und Hausärzten, regionalen ambulanten und stationären Versorgungszentren sowie Gemeinden, Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sowie Landrätinnen und Landräten zusammengebracht
Der Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk MdL, betonte: „Für eine zukunftsfeste medizinische Versorgung im Ländlichen Raum sind die Themen Nachwuchsgewinnung und attraktive Rahmenbedingungen für den Arztberuf von maßgeblicher Bedeutung. Eine frühzeitige Verknüpfung und Kooperation der universitären Lehre mit den Versorgungsstrukturen auf dem Land sowie die Förderung attraktiver und innovativer Arbeitsbedingungen sind wichtige Bausteine für die Bindung junger Ärztinnen und Ärzte an den Ländlichen Raum. Die Arbeit und der Bericht der Arbeitsgruppe ergänzen daher auf vielfältige Weise unsere Bemühungen die medizinische Versorgung im Ländlichen Raum zu verbessern. Unsere ländlichen Räume in Baden-Württemberg gehören zu den attraktivsten Regionen Deutschlands. Daher ist nicht nur eine Niederlassung als Arzt oder Ärztin, sondern auch das Leben im Ländlichen Raum selbst erstrebenswert.“
Mit dem Bericht der Arbeitsgruppe „Regionen für ärztliche Ausbildung“ liege nun ein umfassendes, zukunftsweisendes Konzept für die regionale ärztliche Versorgung und die qualitative Weiterentwicklung des Medizinstudiums im Land vor, sagte Theresia Bauer weiter. „Auch diesen innovativen Ideen werden wir Taten folgen lassen.“
Gesundheitsminister Manne Lucha sieht eine große Chance darin, Mitarbeitende der kommunalen und staatlichen Daseinsvorsorge mit ihrer Expertise in die Weiterentwicklung innovativer Ansätze einzubinden. „Gerade die Kommunalen Gesundheitskonferenzen in Baden-Württemberg bieten sich als Bindeglied zu den Medizinischen Fakultäten an“, so Minister Lucha. „Die Erfahrungen der Stadt- und Landkreise sind in diesem Prozess unverzichtbar“, so Lucha weiter. Deshalb soll die konkrete Umsetzung auf kommunaler Ebene in allen Regionen des Landes erfolgen.
Das Konzept der Arbeitsgruppe unterstütze seine Auffassung, dass nur in ein Gesamtkonzept eingebettete Maßnahmen dem Ärztemangel in ländlichen Regionen entgegenwirken können. Das Konzept sei ein weiterer wichtiger Baustein in der Strategie der Landesregierung, mit verschiedenartigen Ansätzen die Attraktivität einer ärztlichen Tätigkeit im ländlichen Raum zu steigern und die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Berufsgruppen in der Medizin zu verbessern (interprofessionelle Zusammenarbeit).
Die im Bericht formulierten übergeordneten Ziele wurden mit Handlungsempfehlungen unterlegt, wie die notwendigen Reformen in der medizinischen Ausbildung und der medizinischen Versorgung angestoßen werden können.
Den Schlüssel sieht die Arbeitsgruppe in der Idee, die Belange der ärztlichen Ausbildung stärker in die Regionen einzubinden – etwa durch die Etablierung von regionalen Gesundheitsallianzen der Universitätsmedizin. Sie sollen gemeinsam mit den beteiligten Akteuren vor Ort notwendige inhaltliche Schwerpunkte im Curriculum des Medizinstudiums benennen und dafür attraktive Ausbildungsstränge entwickeln.
Die Arbeitsgruppe stand unter Federführung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst, unter enger Einbindung des Ministeriums für Soziales und Integration sowie des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz. Die Arbeitsgruppe umfasste aber auch Vertreterinnen und Vertreter der Medizinischen Fakultäten Baden-Württembergs, Expertinnen und Experten aus dem Fachbereich Allgemeinmedizin, Studierendenvertreter, Vertreterinnen und Vertreter der Versorgungsseite (z.B. Krankenhäuser, niedergelassene Ärzteschaft), des Öffentlichen Gesundheitsdiensts und des Berufsrechts (Landesärztekammer) sowie der Kommunalen Landesverbände, um die vielfältigen Teilaspekte der Bereiche Allgemeinmedizin und der ländlichen Versorgung zu vernetzen und die vorgelegten Konzepte auf eine inhaltlich möglichst breite Basis zu stellen.