Die aktuellen Herausforderungen im Gesundheitswesen wie der Fachkräftebedarf sowie dringend notwendige Weichenstellungen im Bereich Digitalisierung und Künstliche Intelligenz – das sind neben der Krankenhausstrukturreform wichtige Themen der zweitägigen Gesundheitsministerkonferenz (GMK), die heute in Friedrichshafen gestartet ist und noch bis zum morgigen Donnerstag (6. Juli) tagt. Auf Einladung des aktuellen GMK-Vorsitzenden, Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha, treffen sich die für Gesundheit zuständigen Landesministerinnen und -minister sowie Senatorinnen zusammen mit Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach zu ihrer diesjährigen Präsenzsitzung am Bodensee.
Austausch und Beratungen zu aktuellen Themen im Gesundheitswesen
„Wir haben zwei intensive Tage, an denen wir konstruktiv wichtige Weichen für eine innovative und tragfähige Gesundheitspolitik stellen. Ich möchte allen Beteiligten für den guten, vertrauensvollen und kollegialen Austausch danken. Klar ringen wir derzeit noch um Details der Krankenhausreform, die morgen unsere Beratungen dominieren wird. Über viele weitere aktuelle gesundheitspolitische Themen haben wir deshalb bereits heute diskutiert und wichtige Beschlüsse gefasst“, sagte Lucha am Mittwoch (5. Juli) in Friedrichshafen.
Hamburgs Gesundheitssenatorin Melanie Schlotzhauer unterstrich: „Die heutigen Beratungen waren sehr produktiv. Wir haben konzentriert über das Thema der Absicherung des Fachkräftebedarfs im Gesundheitswesen gesprochen. Aus Ländersicht muss hierfür ein breiter Instrumentenkasten bedient und auch bundesgesetzlich abgebildet werden. Dieser geht von Anreizen für Berufsaussteiger/-innen zum Wiedereinstieg in den Beruf über Anreize für Teilzeitbeschäftigte zur Erhöhung der Wochenarbeitszeit bis hin zu einfacheren Anerkennungen ausländischer Berufsqualifikationen im Gesundheitswesen.“
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek betonte: „Die Länder vereint der gemeinsame Geist, die beste Versorgung für die Menschen im Land zu sichern. Dazu gilt es, sämtliche Maßnahmen von den Bedürfnissen der Menschen her zu denken für eine hochwertige Versorgung. Wir stehen vor vielfältigen Herausforderungen, ein zentrales Thema ist der Fachkräftemangel in der Pflege. Unser Ziel ist es, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Dafür müssen wir auch mal die ausgetretenen Wege verlassen und zum Beispiel über die Frage von Steuerfreiheit für Pflegekräfte nachdenken, wie sich darüber hinaus das Gehalt verbessern lässt oder wie wir für bezahlbaren Wohnraum sorgen können. Bayern erprobt in der Pflege künftig zudem Springerpools, um die Arbeitssituation zu verbessern. Ich wünsche mir, dass der Bund die drängenden Fragestellungen als Ganzes konsequenter angeht.“
Die wichtigsten Beschlüsse im Überblick
Fachkräftebedarf im Gesundheitswesen sichern
Kompetente Fachkräfte im Gesundheitswesen sind der wichtigste Faktor für eine erfolgreiche und stabile gesundheitliche Versorgung. „Alle Beteiligten – der Bund, wir Länder und die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber – müssen intensiv daran arbeiten, dass mehr Menschen Berufe im Gesundheitswesen ergreifen und vor allem dann auch in der Branche bleiben“, betonte GMK-Vorsitzender Lucha. Wichtig seien jetzt beispielsweise Schulgeldfreiheit in allen Bereichen, Anreize für Berufsaussteiger/-innen zum Wiedereinstieg und für Teilzeitbeschäftigte zur Erhöhung der Wochenarbeitszeit, einfachere Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen im Gesundheitswesen, die Entbürokratisierung der Pflege und weniger Leiharbeit in der Pflege. „All das ist bundesrechtlich zu regeln“, sagte Lucha. „Wir haben heute konkrete Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt und Vorschläge gemacht, die der Bund jetzt umsetzen muss – wichtig ist nur, dass es schnell geht.“
Verbesserung der Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Myalgischer Enzephalomyelitis (ME) / Chronischem Fatigue-Syndrom (CFS)
Die Länder fordern das Bundesgesundheitsministerium auf, ein deutschlandweites Netzwerk von Kompetenzzentren und interdisziplinären Ambulanzen für Patientinnen und Patienten mit Langzeitfolgen von COVID-19 sowie ME/CFS zu schaffen. „Der Leidensdruck der Betroffenen ist immens, und die Zahl der Betroffenen nimmt bundesweit zu – ihnen müssen wir dringend besser helfen“, sagte der GMK-Vorsitzende Lucha. „Wir brauchen mehr Wissen über das Krankheitsbild und insbesondere zur Diagnosestellung und Therapie.“
Künstliche Intelligenz in der Gesundheitsversorgung
Spätestens seit der Veröffentlichung von ChatGPT Ende 2022 hat das Thema Künstliche Intelligenz (KI) deutlich an Aufmerksamkeit gewonnen. „KI wird nicht nur Wirtschaft und Gesellschaft grundlegend verändern, sondern kann auch unser Gesundheitswesen krisenfester und patientenorientierter machen“, erklärte Lucha. Er zeigte sich zufrieden damit, dass die Länder einem Vorschlag aus Baden-Württemberg gefolgt sind und einen entsprechenden Grundsatzbeschluss zu KI gefasst haben. „Damit möchten wir erreichen, dass Deutschland bei KI nicht den weltweiten Anschluss verliert, sondern Vorreiter und Motor für ganz Europa wird“, so Lucha weiter.
KI hat großes Potenzial, Medizin und Pflege zu verbessern und Fachkräfte zu entlasten. Häufig verbleiben KI-Anwendungen jedoch im Forschungskontext und erlangen keine Marktreife, sodass sich das Verbesserungspotenzial beispielsweise in der Diagnostik, Behandlungsdokumentation und Therapie nicht entfalten kann. In ihrem Beschluss betonen die Länder daher die Chancen von KI und den dringend notwendigen Transfer in den Versorgungsalltag.
Gesundheitsdatennutzung – Fortentwicklung der elektronischen Patientenakte
Die Länder begrüßen die Digitalisierungsstrategie für das Gesundheitswesen und die Pflege, die Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im März vorgelegt hatte. Die elektronische Patientenakte (ePA) ist hierbei ein wesentlicher Punkt. „Akzeptanz findet Digitalisierung bei den Menschen nur, wenn sie komfortabel und niedrigschwellig, also kinderleicht zu bedienen ist“, sagte der GMK-Vorsitzende Manne Lucha. Um das insbesondere bei der elektronischen Patientenakte zu gewährleisten, fordern die Länder ein Förderprogramm zur begleiteten Anwendung, das dazu dient, dass Patientinnen und Patienten sowie Ärztinnen und Ärzte und weitere Nutzergruppen die Vorteile der ePA erleben und in ihrer Digitalkompetenz gestärkt werden. „Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass es bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens in Deutschland einen enormen Nachholbedarf gibt. Wir brauchen hier viel mehr Tempo“, forderte Lucha. Unter diesen Vorzeichen werden die Länder auch die Gesetzgebungsverfahren für das Gesundheitsdatennutzungsgesetz und das Digitalgesetz aktiv begleiten.