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Drei Fragen an...

Dr. Hanna Hasselblatt, Clustermanagerin nanodiag BW, Hahn-Schickard

Winzige Moleküle in unserem Körper, sogenannte Biomarker, können Forschenden dabei helfen, Erkrankungen zu erkennen, noch bevor sie entstehen. Mithilfe der Nanoporentechnologie können diese Moleküle eingefangen und analysiert werden. Diese Technologie weiter voranzutreiben und die Erkenntnisse aus der Forschung schneller zu den Patientinnen und Patienten zu bringen, ist das Ziel des BMBF-Zukunftsclusters nanodiag BW. Hervorgegangen ist der Cluster aus dem Projekt TechPat nano, das unter dem Dach des Forums Gesundheitsstandort Baden-Württemberg gefördert wurde. Woran der Cluster genau arbeitet und welchen Beitrag er für unsere Gesundheitsversorgung leistet – darüber haben wir mit der Clustermanagerin von nanodiag BW, Dr. Hanna Hasselblatt von Hahn-Schickard, gesprochen.

Frau Dr. Hasselblatt, was ist der Zukunftscluster nanodiag BW und welche Akteure sind im Cluster aktiv?

Dr. Hasselblatt: Der Zukunfstcluster nanodiag BW ist ein Innovationsnetzwerk im Bereich der Nanoporentechnologie. Wir bestehen aktuell aus 26 Partnern hauptsächlich aus Baden-Württemberg, darunter Forschungseinrichtungen wie Universitäten, Institute für den Technologietransfer wie Hahn-Schickard und vor allem Industriepartner von Start-ups bis hin zu großen Firmen. Im Cluster werden exzellente, multidisziplinäre regionale Akteure zusammengeführt, um eine nachhaltige Technologieführerschaft auf dem Gebiet der Nanoporentechnologie zu erzielen.

Durch die Verschränkung anwendungsorientierter Forschungsrichtungen wie Epigenetik oder Mikrobiologie mit Grundlagenforschung in Physik, Biochemie und Physiologie sowie den neuen Möglichkeiten der Bioinformatik, molekulardynamischer Simulationen, Künstlicher Intelligenz (KI) und des Maschinellen Lernens ermöglichen wir bahnbrechende Innovation. Die Mikro- und Nanofluidik sowie die Mikroelektronik helfen dabei, integrierte Systeme für Endanwender aufzubauen.

Welche Ziele verfolgt nanodiag BW? Und welchen Nutzen bringen die Ergebnisse des Clusters?

Dr. Hasselblatt: Einfach zusammengefasst wollen wir Krankheiten erkennen, bevor sie entstehen. Wir analysieren dazu kleine Moleküle aus unserem Körper, sogenannte „Biomarker“. Mit Hilfe von Nanoporen in Biosensoren können einzelne Moleküle eingefangen, charakterisiert und unterschieden werden. Nanoporen sind Kanäle mit molekularen Dimensionen. Der Zukunftscluster nanodiag BW nutzt diese Technologie, um Proteine zu analysieren, die im Zusammenhang mit Krankheiten wie Diabetes, Alzheimer oder Krebs stehen. Auch im Bereich Probenvorbereitung sind wir aktiv und wollen Blutproben und andere klinische Proben so aufbereiten, dass wir die Moleküle, die uns als Biomarker für verschiedene Erkrankungen interessieren, automatisiert anreichern und auswerten können.

Gemeinsam wollen wir Erkenntnisse aus der Spitzenforschung schneller in die Anwendung bringen und Produkte und Dienstleistungen für den Nachweis von Biomarkern für verschiedene Erkrankungen entwickeln und anbieten. Der Zukunftscluster will den medizinischen Fortschritt durch neue, personalisierte Diagnostiksysteme mit hohem Verwertungspotenzial entscheidend fördern und in Deutschland verankern und so den Wirtschaftsstandort Deutschland und speziell Baden-Württemberg stärken.

nanodiag BW erhält Fördermittel des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Rahmen der Clusters4Future-Initiative, um unterschiedliche Projekte zu realisieren. Können Sie ein paar Beispiele für innovative Projekte nennen, an denen Sie arbeiten?

Dr. Hasselblatt: In nanodiag BW werden vom BMBF drei unterschiedliche wissenschaftlich-technologische Projekte gefördert sowie ein übergeordnetes Innovationsförderungsprojekt.

Das Projekt „Interaktom-Profiler“ konzentriert sich auf die Identifikation relevanter epigenetischer Biomarker - insbesondere posttranslationaler Proteinmodifikationen (PTMs) und DNA-Methylierung. Epigenetische Veränderungen sind nachträglich eingefügte Marker an der DNA oder an Proteinen, die die DNA im Zellkern auf- und abwickeln. Durch diese Marker werden wichtige Zellfunktionen verändert, was eine große Rolle bei der Entstehung verschiedener Krebsarten spielt. Wir wollen Biomarker-Kandidaten identifizieren, die Therapieantworten vorhersagen können, und so die personalisierte Medizin vorantreiben und die Krebsdiagnose und -behandlung verbessern.

Im Projekt „Bionanoporen-Analysator“ ist das Fernziel eine Bench-top-Lösung, in der Blutproben automatisiert auf verschiedene epigenetische Biomarker untersucht werden. Auf dem Weg dahin leisten wir einerseits wichtige Grundlagenforschung im Bereich Bionanoporen und Elektrophysiologie, andererseits entwickeln wir Methoden zur Probenaufbereitung und Automatisierung weiter.

Für die spätere breite Anwendung unserer Technologie ist die Stabilität der Nanoporen von großer Bedeutung. Daher versuchen wir im Projekt „Festkörpernanoporen-Analysator“ mittels Ionen- oder Elektronenstrahl die Nanoporen aus 2D-Materialien, z.B. ultradünnen Schichten von SiO2 oder Graphen, künstlich herzustellen und so die biologischen Nanoporen quasi aus Festkörpern nachzubauen. Chemische Methoden und moderne Halbleitertechnologien eröffnen uns dann die Möglichkeit, die Nanoporen vielfältig zu funktionalisieren. Hier ist die aktuelle Herausforderung, die Poren mit einer Größe im Bereich von wenigen millionstel mm reproduzierbar zu erzeugen.

Wir planen außerdem weitere Anwendungen unserer innovativen Nanoporentechnologie. Wir sehen Potenzial im Bereich der Virendetektion, mRNA-Charakterisierung und Qualitätskontrolle von (biologischen) Wirkstoffen und freuen uns über neue Projektpartner, die mit uns unsere Methoden weiterentwickeln und anwenden wollen.

Weiter Informationen zum Zukunftscluster nanodiag BW finden Sie unter www.nanodiag.de

Seiten-Adresse: https://www.forum-gesundheitsstandort-bw.de/infothek/stimmen-aus-dem-forum/dr-hanna-hasselblatt-clustermanagerin-nanodiag-bw-hahn-schickard-gesellschaft-fuer-angewandte-forschung