Drei Fragen an ...
... Dr. Henrik Matthies, CEO & Mitgründer von Honic
Damit Patientinnen und Patienten auch im Ausland optimal medizinisch versorgt werden können, will die EU mit dem Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) die nationalen Gesundheitssysteme der EU-Staaten durch den sicheren und effizienten Austausch von Gesundheitsdaten stärker miteinander verknüpfen. Gesundheitsdaten sind jedoch besonders sensibel und schützenswert und benötigen daher eine sichere Plattform, die dem europäischen Rechtsraum verpflichtet ist. Diese Plattform baut die Health Data Technologies GmbH mit Sitz in Neckarsulm. In unserem Kurz-Interview haben wir mit dem Geschäftsführer und Gründer der Plattform Honic Dr. Henrik Matthies gesprochen.
Herr Dr. Matthies, die Europäische Kommission will einen europäischen Datenraum für Gesundheitsdaten schaffen, den European Health Data Space (EHDS). Dieser Datenraum soll unter anderem dabei helfen, Gesundheitsdaten für eine bessere medizinische Versorgung EU-weit nutzbar zu machen. Was genau haben die Patientinnen und Patienten davon? Und wie kann Ihre Plattform Honic, die Ihr Unternehmen entwickelt, zu diesem Ziel beitragen?
Herr Dr. Matthies: Die Vision des EHDS ist groß: Alle Arten von Gesundheitsdaten sollen jederzeit auf Wunsch der Patientinnen und Patienten digital verfügbar sein, und mit anderen Akteuren im Gesundheitswesen im In- und EU-Ausland zu teilen sein. Dies würde zu einer erheblich besseren medizinischen Versorgung führen, Fehl- und Doppelbehandlungen minimieren, eine stratifizierte Medizin (Personalisierte Medizin) ermöglichen. Und auch für Forschung wäre das eine Zeitenwende. Mühevolle, oft jahrelange Suche und Aufbereitung von wenigen Daten entfiele weitestgehend. Stattdessen könnte sofort auf aktuellen, großvolumigen Versorgungsdaten (Real-World Data) geforscht werden.
Die Vision ist groß, der Weg dahin insbesondere aus Perspektive des Status Quo in Deutschland in der Fläche noch sehr weit.
Was ist Ihre Vision? Und wo liegen die größten Schwierigkeiten beim Aufbau einer solchen Plattform?
Herr Dr. Matthies: Wir möchten einen Teil der EHDS-Vision schon heute Wirklichkeit werden lassen: Real-World Data für medizinische Forschung datenschutzkonform verfügbar machen. Und die ersten Projekte zeigen: Das ist möglich, sogar in Deutschland!
Die ersten Quartale seit Gründung haben wir uns ganz wesentlich mit den multidimensional-komplizierten Datenschutz-Anforderungen auseinandergesetzt. Dank intensiver und sehr konstruktiver Abstimmung mit dem Baden-Württembergischen Landesdatenschutzbeauftragten (LfDI) und seinem Team konnten wir im Herbst 2022 dann seine öffentliche Unterstützung für unser Konzept gewinnen.
Jetzt geht es vor allem darum, die Leistungserbringer zu überzeugen, dass nun möglich ist was lange verboten schien: Die Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten für medizinische Forschung – dank unserer durch zahllose technische- und organisatorische Maßnahmen, externe Kontrollinstanzen und -partner abgesicherte Gesundheitsdatenplattform.
Warum hat sich Ihr Start-up für Baden-Württemberg als Standort entschieden? Was macht den Standort für ein Start-up wie Honic attraktiv?
Herr Dr. Matthies: Wir haben alle 16 Bundesländer sehr genau analysiert, bevor wir uns für Baden-Württemberg entschieden haben. Erfolgskritisch für uns war die Professionalität und der Mut des Landesdatenschutzbeauftragten, mit uns etwas zu entwickeln, was in Deutschland als Quadratur des Kreises schien: Eine datenschutzkonforme Gesundheitsdatenplattform, die großvolumig Versorgungsdaten für medizinische Forschung verfügbar macht, ohne dass die Patientin oder der Patient dem individuell zustimmen muss. Am Ende hat es geklappt, weil alle Seiten überzeugt sind, dass wir Lösungen für komplexe Fragestellungen entwickeln müssen – und uns es schlicht nicht leisten können, Daten nicht für bessere medizinische Forschung und Versorgung nutzen zu dürfen.